Endlich
ist es soweit, lange habe ich darauf gewartet, das ganze Jahr darauf
trainiert. Und nun stehe ich hier in einer traumhaften Landschaft,
inmitten eines internationalen Publikums. 4000 Läufer aus 50
Nationen und alle wollen sie 'die schönste Marathonstrecke
der Welt' laufen. Das Wetter meint es gut mit uns, zeigt sich von
seiner schönsten Seite, zumindest wenn man wie ich auch unterwegs
fotografieren mag. Diese Minuten gönne ich mir und mag alles
aufnehmen und zurück erhalten was ich dieses Jahr ins Laufen
investierte.
Ab
8:30 werden die Topläufer namentlich vorgestellt, Alphörner
stimmen musikalisch ein und traditionell werden schweizer Fahnen
geschwenkt. Gänsehaut zieht sich über meine Arme, der
countdown läuft und die Sportler machen sich auf den Weg. Es
geht durch Interlaken, vorbei am Brienzersee und weiter nach Wilderswil.
Die frühe Morgensonne wärmt schon jetzt die Körper
und ich kann nur ahnen, wie warm es noch werden wird. Raus aus der
Sonne zieht sich der Weg im Schatten der Berge entlang der 'weißen
Lütschine'. Den asphaltierten Untergrund tauschen wir gegen
Naturweg welcher uns immer weiter ins Tal nach Lauterbunnen führt.
Mehr als ich dachte geht es hier schon bergauf, immer wieder vorbei
an wunderschönen Holzhäusern. Es wird gejubelt im Ort,
wie auch aus vorbeifahrenden Bahnen. Jeder hier weiss was heute
ist, jeder kennt diesen Lauf. Wir erreichen bei KM 20 Lauterbrunnen,
eine von zwei Hochburgen auf dieser Strecke. Durch den Ort, vorbei
an dem so hohen Wasserfall und weiter nach hinten ins Tal, bevor
wir eine Schleife drehen und zurücklaufen. Ab KM 25 ist es
dann endgültig vorbei mit lustig und die bisher leichte Steigung
ändert sich schlagartig in eine knallharte Wand - die Wenger
Wand. Ab hier geht es 5 km steil bergauf, mit laufen ist nicht mehr
viel, nur noch ein schnelles Gehen ist möglich. Die Aussicht
entschädigt dafür umso mehr, immer wieder wunderschöne
Ausblicke auf Lauterbrunnen und das Tal werden frei. Es spricht
kaum einer bis wir bei KM 30 Wengen erreichen, einem schönen
Ort, den ich bisher nur vom Snowboarden her kannte. Das Dorf steht
Kopf und jeder der Läufer fühlt sich hier schon fast als
Gewinner. Etwas früh, denn noch nicht einmal die Hälfte
der Höhenmeter sind geschafft. Ich genieße es so gut
es geht, auch wenn der Lauf anstrengeder ist als alles was ich bisher
lief. Wengen raus, geht es auch schon wieder gut bergauf. So soll
es auch bleiben, bis auf wenige Ausnahmen. Die Kilometerschilder
stehen nun im Abstand von 250 Meter. Motivierend finde ich das nicht.
Allmählich wird der grandiose Blick auf die Jungfrau wie auch
auf den Mönch frei, Berge über 4000 Meter. Hinzu kommt
kurz darauf der Eiger. Der Weg wird enger, mühsamer und noch
steiler. Ein Ende ist nicht abzusehen und die Kräfte scheinen
allmählich zu schwinden. Ich schaue nach vorne und sehe eine
Menschenreihe welche sich den Berg hochzieht. Die berühmte
Moräne ist da, die letzte enorme Steigung bei KM 40. Es wird
Zeit, Zeit den höchsten Punkt auf 2200 Meter zu erreichen.
Hier spielt alljährlich der Dudelsackspieler sein Lied. Jetzt
nur noch den Kamm passieren und den letzten Kilometer bergab laufen.
Der Schmerz lässt nach und die Glücksgefühle kommen
zurück. Was für ein Lauf, was für ein Panorama, was
für eine Leistung! Ich lasse es laufen mit dem Ziel vor Augen.
Voller Freude und ein wenig stolz reisse ich die Arme hoch und laufe
nach 5:32 Stunden durch das Ziel.
Erledigt,
aber okay, weiss ich dieses Mal gleich, daß dies nicht mein
letzter Marathon war. Ich genieße diesen grandiosen Blick
noch einige Zeit, bevor es wieder runter ins Tal geht. Bilder zum
Lauf gibt es natürlich auch >>>
Wie
gut kann man eigentlich eine Woche nach diesem Lauf einen Halbmarathon
laufen. Wir werden sehen, nächste Woche zum Baden-Marathon
in Karlsruhe.
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